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persönlicher Kommentar

Charakterschwäche.

Wahlversammlung. Mein Vortrag ist zu Ende, jetzt kommt die Diskussion. Ein Bürger meldet sich zu Wort und zitiert Horst Seehofer, der vor 11 Jahren im Gespräch mit dem Kabarettisten Pelzig einen markanten Satz gesagt hat: „Diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden; und die, die entscheiden, werden nicht gewählt“ sagte der damalige Ministerpräsident des Freistaates Bayern und heutige Bundesinnenminister. 

Es ist das Lieblingszitat der Nichtwähler. Ein Satz, der regelmäßig meinen Blutdruck steigen lässt. Seehofer hat mit diesem kühl vorgetragenen Verdikt die parlamentarische Demokratie ad absurdum geführt und alle ihre Verächter in den Adelsstand der aufgeklärten Durchblicker erhoben. Engagierte Wählerinnen und Wähler, auch Kandidierende aller Parteien hat Seehofer gleichzeitig zu Dummerchen oder Marionetten ernannt. Eigentlich hat sich Seehofer damals als Urvater der Verschwörungsgläubigen erwiesen: Da steuert im Hintergrund eine Macht. Politiker sind dieser Macht offensichtlich willenlos ausgeliefert. Wählerschaft und Gewählte haben nichts zu entscheiden. 

Achtung: Seehofer hat bei Pelzig dummes Zeug erzählt. Vor allem hat er versucht, Politikerinnen und Politiker (vor allem aber sich selbst!) von der Verantwortung für ihre Entscheidungen freizusprechen.  Leider liefern sich viele Verantwortungsträger aus freien Stücken Lobbyisten aus, obwohl sie auch Nein zu Spenden, Sponsoring und Zulieferung von „Gesetzentwürfen“ aus Politikabteilungen wichtiger Konzerne sagen könnten. Niemand wird in Deutschland mit vorgehaltener Pistole zur Annahme von Geschenken gezwungen! 

Es kann ja sein, dass sich Gewählte gerne vor ihrer Verantwortung drücken. Es kann sein, dass sich Parlamentsmitglieder bereitwillig steuern lassen, weil sie ideenlos, schwach und feige sind. Das ist aber keine Schwäche des parlamentarischen Systems, sondern eine Schwäche des Charakters der beteiligten Personen.  

Autor/in:
Bernhard G. Suttner
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Wichtiger Hinweis:
Blogbeiträge stellen die persönliche Meinung einzelner Parteimitglieder dar. Diese kann in Einzelfällen von der Programmlage der Partei abweichend sein. Auch ist es möglich, dass zu einzelnen Themen und Aspekten in der ÖDP noch keine Programmlage existiert.